„Für die Tiere in einem Zoo oder Tierheim ist es das Schlimmste, ohne Heizung und Futter zu bleiben. Der Beschuss hat sich verstärkt. Explosionen und Luftkämpfe waren bereits zu hören. Wir mussten alle Lichter ausschalten. Es war verrückt. Wir haben kaum geschlafen oder gegessen und mussten nach einer Möglichkeit suchen, die Bären abzutransportieren“, sagt Maryna Schkwyrja. Die 40-jährige Chefzoologin des Kyjiwer Zoos ist auch Mitbegründerin der Save-Wild-Stiftung, die ein Netzwerk von Tierheimen in der Ukraine aufbaut. Maryna und ihr Team retten Bären, die in privaten Zoos und Zirkussen gefangen sind. Das von der Save-Wild-Stiftung gegründete Tierheim “Bila Skelia” (“Weißer Felsen”) kümmert sich um sieben Bären – Liuba, Mychasyk, Malwina, Tschada, Papaj, Aska und Synotschok. So war es in friedlichen Zeiten. Aktuell rettet Maryna weiterhin die Bären. Nur diesmal vor Beschuss.
„Am 24. Februar um vier Uhr morgens wurden mein Mann und ich durch Explosionen und Lichtblitze im Fenster geweckt. In meinem Kopf waren immer noch irrationale Gedanken, dass alles gut gehen wird. Aber bereits in einer Stunde haben wir Sachen, Dokumente, unsere Haustiere – fünf Hunde, vier Katzen und Schnecken – genommen und sind zu unserem Tierheim gefahren. Wir hatten Angst, dass unsere Kollegen zur Arbeit nicht kommen könnten und die Bären unbeaufsichtigt bleiben würden“, sagt Maryna.
Während der ersten Kriegswoche lebten Maryna, ihr Mann Jehor Jakowliew und eine andere Kollegin Iryna im Tierheim und kümmerten sich um die Bären. Während dieser Zeit halfen sie dem benachbarten “Tierheim für Wildtiere”, Tiger, Löwen, Karakale, einen afrikanischen Wildhund und einen Affen an einen sicheren Ort zu bringen – all diejenigen Tiere, die komplexe Nahrung und frisches Fleisch brauchen. Es war fast unmöglich, eine Evakuierung zu organisieren – es war schwierig, Autos zu finden, es gab nicht genug Käfige und Betäubungsmittel, und als es doch klappte, mussten sie durch die Kolonne von russischen Militärfahrzeugen fahren. Sie schafften es und holten die Tiere raus. Der Posener Zoo übernahm die Wildtiere an der Grenze zu Polen.
Dann machte sich Maryna daran, die Bären zu retten – das “Domaschyr”-Rehabilitationszentrum für Braunbären in der Nähe von Lwiw erklärte sich bereit, die Tiere aufzunehmen.
„Mit dem ersten Auto haben wir fünf Bären und einen Löwen abtransportiert. Wir wussten nicht einmal, ob wir für zwei weitere Bären werden zurückkehren können. Die Tiere ins Auto zu bringen, war extrem schwierig. Es waren keine Tierärzte mit uns und wir hatten nur zwei Dosen von Betäubungsmittel“, erinnert sich Maryna.
Die Fahrt dauerte 24 Stunden: Kontrollposten, Schlangen von Frauen und Kindern, zerstörte Autos, kein Benzin an Tankstellen.
“Emotional ist es schwierig. Wir sind erst kürzlich mit Tieren aus einem alten Tierheim in der Region Schytomyr in der Nähe von Kyjiw umgezogen. Das neue Zentrum wurde im Laufe des Jahres gebaut, wir haben große Kredite aufgenommen und Metall gekauft. Die noch nicht fertiggestellten Konstruktionen wurden dringend geschnitten, um Käfige für die Evakuierung herzustellen. Wenn man ein Tierheim eigenhändig baut, ist es sehr schwierig, alles zu verlassen und zu gehen, ohne zurückzublicken. Ich hoffe, dass “Bila Skelia” übersteht“, sagt Maryna.
Jetzt hilft das Team zusammen mit anderen Organisationen dem “Tierheim für Wildtiere”, einen Korridor für die Transportierung von Wildtieren aus gefährlichen Orten für andere Tierheime und private Zoos einzurichten. Mancherorts blieben die Tierheime ohne Nahrung und Heizung. “Feldman Ecopark” in Charkiw geriet unter Beschuss. Es gibt Opfer unter den Mitarbeitern. Zerstörte Gehege, verletzte Tiere. Der Staatliche Zoo von Mykolajiw wurde von einer Bombe getroffen, die aber nicht explodierte. Im Kyjiwer Zoo wohnen und pflegen die Mitarbeiter weiterhin die Tiere.